Missionsbericht M3-005

Titel: Clear Sky over the Alps
Startdatum:
15.4.2015 12:15 MEZ
Startort: Sutz, am Bielersee

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Mission

In Mission 5 haben wir im wissenschaftlichen Bereich zwei Schwerpunkte: Strahlungsmessung und Niederdruckexperimente. Im Bereich Multimedia haben wir uns zum Ziel gesetzt, möglichst gute Wetterbedingungen mit optimaler Fernsicht zu haben, damit noch spektakulärere Filmaufnahmen möglich sind.

Die Ballonkapsel wurde erneut aufgerüstet und kommt jetzt auf ein Gesamtgewicht von 720 g.

Mission 5 - Schematische Darstellung

Mission 5 – Schematische Darstellung

Zu den bereits früher eingesetzten Temperatursensoren und dem Barometer kommt nun noch ein Geigerzähler-Modul hinzu, welches kosmische Strahlung in Form von Gammastrahlung messen soll. Die Platine basiert auf einem Bausatz von Pollin und verwendet ein russisches Zählrohr (SI-39G). Leider kann der Geigerzähler nur Gammastrahlung messen.

In einem Behälter unterhalb der Kapsel sind verschiedene Niedrigdruckexperimente untergebracht:

  • Mohrenkopf
  • Luftballons
  • Ketchup-Päckchen
  • Bubblewrap-Verpackungsfolie

Die Experimente werden während des Flugs gefilmt, um die Auswirkungen des immer geringer werdenden Luftdrucks zu dokumentieren.

Missionsverlauf

Basierend auf der Wettervorhersage und der Sicht- sowie Windprognose entschieden wir uns für einen Start am 15.4.2015. Als Basis diente auch dieses Mal Sutz am Bielersee.

Die Wetterbedingungen waren ideal, am Himmel war keine Wolke zu sehen, und die Sicht war absolut klar.

Die Startvorbereitungen verliefen fast ohne Probleme, einzig der Geigerzähler wollte nicht korrekt arbeiten. Eine spontane Lösung des Problems war nicht möglich, darum entschieden wir uns, den Ballon dennoch steigen zu lassen. Wie durch ein Wunder reparierte sich der Geigerzähler kurz vor dem Start selbst und gab wieder plausible Messwerte aus.

Um ca. 12.15 Uhr liessen wir den Ballon steigen. Etwa eine halbe Stunde später machten wir uns dann auf den Weg, um das Signal nicht zu verlieren. Etwa eine Stunde lang funktionierte das auch gut, bis wir plötzlich unregelmässige Messdaten erhielten. Der Ballon schien seine Position nicht mehr zu verändern, obwohl weiterhin Messdaten von den Umgebungssensoren geliefert wurden.

Anscheinend hatte der GPS-Empfänger einen Defekt und lieferte keine neuen Positionsdaten mehr. Für den weiteren Verlauf war das natürlich eine Katastrophe, weil wir nun den genauen Landeort nicht mehr in Echtzeit bestimmen konnten. Unsere Hoffnung lag nun einzig auf dem GSM-Tracker, welcher erneut als wertvolles Backup dienen musste. Immerhin hatten wir noch Höhenangaben aus dem Barometer, so dass wir zumindest den ungefähren Landezeitpunkt abschätzen konnten.

Wir begaben uns danach in die Gegend nordöstlich von Solothurn, wo die Landung prognostiziert wurde. Von einer Anhöhe aus konnten wir das ganze Aaretal überblicken. Nach insgesamt 2h 30min verstummte schliesslich das Telemetriesignal, so dass wir davon ausgehen mussten, dass die Kapsel irgendwo gelandet war. Von der Kapsel war allerdings weit und breit nichts zu sehen. Auch der via SMS abgefragte GSM-Tracker wollte keine Position übermitteln, so dass wir ziemlich frustriert waren. Drohte doch schon wieder der Verlust einer Ballonkapsel!

Während wir erst mal ratlos waren und uns überlegten, wo wir mit der Suche beginnen könnten, klingelte plötzlich das Telefon, eine unbekannte Rufnummer. Es meldeten sich Kinder, die uns berichteten, dass die Kapsel auf ihrem Fussballplatz in Wolfwil gelandet sei!

Da machten wir uns natürlich sofort auf den Weg nach Wolfwil. Dieses lag etliche Kilometer von unserem vermuteten Landeort weg, also war der Ballon doch um einiges weiter geflogen als gedacht. Unterdessen bestätigte nun auch der GSM-Tracker, was wir bereits wussten. Beim Fussballplatz angekommen konnten wir unsere Kapsel doch noch in Empfang nehmen. Obwohl die Kinder ausgiebig mit der Kapsel herumgespielt hatten, was die Kamera noch während 30 Minuten dokumentierte, blieb der Inhalt intakt. Interessanterweise funktionierte nun auch das GPS wieder.

Alles in Allem also doch noch ein Erfolg!

Datenanalyse

Flugbahn

Dank der kurzfristig durchgeführten Windprognose stimmte die Flugbahn auch dieses Mal relativ gut mit der Prognose überein. Im Verlauf des Flugs verschob sich die reale Flugbahn ein wenig nach Süden. Wegen des GPS-Ausfalls konnten wir die Positionsdaten ab 1h 25min (22’668 m) nicht mehr aufzeichnen. Wir mussten deshalb die Flugbahn ab diesem Zeitpunkt anhand von Schätzungen extrapolieren. Auch die maximale Flughöhe mussten wir schätzen. Anhand der durchschnittlichen Steigrate und der Videoaufnahmen vermuten wir eine maximale Höhe von ca. 30’600 m.

Flugbahn von Mission 5 (pink = Prognose, blau = real, grün = extrapoliert)

Flugbahn von Mission 5
(pink = Prognose, blau = real, grün = extrapoliert)

Virtueller Ballonflug zur Nachverfolgung in Google Earth: Download KML

Umwelt

Gemessen wurde die Innen- und Aussentemperatur sowie der Luftdruck.

Die niedrigste Temperatur wurde auf ca. 12’500 m Höhe gemessen und beträgt -60 °C.

Der Luftdruck nimmt exponentiell ab, wobei die Messung nur bis in eine Höhe von ca. 22’000 m und 15 mbar funktioniert.

Strahlung

Der Geigerzähler misst Strahlungsimpulse in Counts per Minute (CPM). Eine wirklich präzise Messung der Strahlungsintensität erlaubt das zwar nicht, aber es genügt, um die Unterschiede der Intensität der kosmischen Strahlung am Boden und in grosser Höhe aufzuzeigen.

Kosmische Strahlung in Abhängigkeit der Höhe

Werden am Boden nur ca. 3 CPM gemessen, sind es ab 20 km Höhe teilweise fast 180 CPM. Interessanterweise nehmen die Werte in grösserer Höhe wieder ein wenig ab. Wir vermuten, dass mit der Zeit Messungenauigkeiten auftreten. Es ist fraglich, ob das Zählrohr für einen Betrieb in einer so extremen Umgebung ausgelegt ist.

Niedrigdruckexperimente

Die folgende Galerie zeigt die Experimente (Mohrenkopf, Luftballons, Ketchup) in verschiedenen Stadien während des Flugs.

Da die GoPro-Kamera leider nach ca. 20 Minuten den Dienst quittierte, haben wir vom späteren Teil des Flugs nur einige wenige Aufnahmen, bei denen der Behälter kurzfristig von der zweiten Kamera gefilmt wurde.

Der Mohrenkopf ist schön aufgegangen, weil sich die in der Füllung eingeschlossenen Luftblasen durch den abnehmenden Luftdruck ausdehnen. Anders als erwartet ist die Schokoladenhülle beim Deckel aufgebrochen und nicht am Boden. Erstaunlicherweise hat der Prozess schon nach weniger als einer Minute begonnen, was einer Höhe von ca. 800 m entspricht (gekauft wurde der Mohrenkopf auf 250 m Höhe).

Die Luftballons haben sich erwartungsgemäss ausgedehnt. Richtig geplatzt sind sie aber nicht, sondern haben lediglich die Luft verloren.

Besonders enttäuschend sind das Ketchup-Päckchen und die Bubblewrap-Folie. Diese sind überhaupt nicht aufgegangen. Beide haben sich irgendwann während der Rückkehr vom Behälter gelöst und sind abgestürzt. Zum Glück handelte es sich nicht um massive Objekte!